Anfechtung der Erbschaftsannahme wegen Rechtsirrtums

Derartige Vorstellungen des unter Beschwerungen als Alleinerbe eingesetzten Pflichtteilsberechtigten, er dürfe die Erbschaft nicht ausschlagen, um seinen Anspruch auf den Pflichtteil nicht zu verlieren, rechtfertigen die Anfechtung einer auf dieser Vorstellung beruhenden Annahme der Erbschaft.

Der BGH hatte über folgenden Fall zu entscheiden: Der Erblasser hatte einen Sohn, den er als Alleinerben einsetzte. Er beschwerte ihn aber mit zahlreichen Vermächtnissen. Die Verfahrensbeteiligte zu 2) wurde als Testamentsvollstreckerin eingesetzt und das Testament am 24.07.2003 eröffnet und dem Sohn am 30.07.2003 zugesandt. Er gab erst am 08.10.2003 eine notariell beglaubigte Erklärung ab, dass er die Annahme der Erbschaft wegen Irrtums anfechte, da er die Erbschaft nicht fristgerecht ausgeschlagen habe, weil der Nachlass derart mit Vermächtnissen belastet ist, dass sein Pflichtteil gefährdet wäre. Die am Verfahren Beteiligte zu 2), die als Testamentsvollstreckerin eingesetzt wurde, vertrat die Auffassung, die Versäumung der Ausschlagungsfrist durch den Sohn sei wirksam und die Anfechtung unwirksam.

Das OLG Hamm legte die Rechtsfrage dem BGH vor. Der BGH gab dem Sohn des Erblassers Recht. Dieser hatte im Verfahren vorgetragen, dass ihm bereits seit längerem bekannt gewesen sei, dass man eine Erbschaft wegen Überschuldung ausschlagen könne, hatte aber aus dem Buch ZDF-WISO "Erben und Vererben" den Eindruck gewonnen, dass er die Erbschaft nicht ausschlagen dürfe, weil er sonst das Pflichtteilsrecht verliere, dass er aber den Rest, der auf den Pflichtteil fehle, auch dann herausverlangen könne, wenn das Enterbte nicht den Wert der Hälfte des gesetzlichen Erbteils erreiche.

Er ist dem Irrtum unterlegen gewesen, das Pflichtteilsrecht stehe ihm auch ohne Ausschlagung zu. Der BGH führte aus, dass der Irrtum des Sohnes über die Notwendigkeit einer Ausschlagung der belasteten Erbschaft zur Erhaltung seines Anspruchs auf den Pflichtteil ein erheblicher Anfechtungsgrund sei. Ein derartiger Rechtsirrtum berechtigt nach ständiger Rechtsprechung nur dann zur Anfechtung, wenn das vorgenommene Rechtsgeschäft wesentlich andere als die beabsichtigten Wirkungen erzeugt.

BGH, Beschluss vom 05.07.2006, Az. IV ZB 39/05